Träume

Man denkt eigentlich, dass man gar keine Zeit hat, um über Dinge nachzudenken, aber dann stellt man immer und immer wieder fest, dass man gar nicht nachdenken muss, weil es der Körper automatisch tut.
Wir denken in uns hinein und leben aus uns heraus und während wir das tun, erledigen wir Dinge, die erledigt werden müssen – wie zum Beispiel heute, ein Tag den ich zum Beispiel überwiegend am PC verbrachte um einer großartigen Idee zu arbeite, an der ich sehr gerne mitgearbeitet habe, doch nun das Gefühl habe, dass ich rechteckige Augen habe und nun so ziemlich alles abgearbeitet habe, um Feierabend zu machen.
Und wenn ich jetzt daran denke, gleich nichts mehr zu tun und mich auf die Couch zu legen, würde ich am liebsten hier sitzen bleiben und weiter irgendwas machen, weil wenn die Ruhe eintritt, die Gedanken freien Lauf haben und wie irrsinnig durch den Kopf flitzen.
Manchmal ist das gut und manchmal ist das überhaupt nicht gut, weil dann spricht irgendwas mit dir, was dir sagen möchte, was da fehlt, was vielleicht anders sein könnte, was irgendwie doof ist.
Eines unserer Straßenteams, die heute wieder auf Tour sind, geht es vielleicht ähnlich. Sie sind mit Herz und Seele dabei, anderen Menschen zu helfen und kommen sie dann nach Hause, fangen die Gedanken an zu tanzen – in ihrem Fall über das was sie am heutigen Tag erlebt haben.
Was das war, werdet ihr morgen lesen können.
Und mein Kopf sagt mir gerade, leg dich hin, du bist müde, ruh dich aus, denn sollte heute Nacht eine Meldung kommen, stehst du wieder auf und fährst raus, dahin wo Hilfe gebraucht wird.
Und ich will ja jetzt auch nicht auf die Tränendrüse drücken aber mal ganz ehrlich, ich freue mich für jeden Menschen, der eine Schulter zum Anlehnen hat, einen Ort hat, an dem nicht nur die Wände mit dir sprechen, sondern jemand tatsächlich mit dir spricht und wenn man mal schmunzeln möchte, ein witziges YouTube Video nicht eine Person ersetzt, die dir dann echten Witz erzählt.
Wenn ich diesen Gedanken so verfolge und das ist nur einer von ganz vielen, dann kann ich mich glaube ich verdammt gut in die Gedanken derer versetzen, die dort draußen auf der Straße schlafen und noch nicht einmal Wände haben, die sich mit einem unterhalten.
Klingt es verrückt, ist es aber gar nicht
Und wenn ich mir so durch den Kopf gehen lasse, wie oft und in welchen Abständen es dann mal wieder für mich so weit ist, darüber nachzudenken, wie leise so eine Wohnung doch sein kann, wie oft träumen Menschen auf der Straße davon, einfach nur mal jemand anderem die Hand zu schütteln und so in irgendeiner Form, Nähe zu spüren?
An einem Tag im Dezember im letzten Jahr, wurde mir und Ingo eine Spende überreicht, von einer alten Dame – die mich darum bat, mich einmal zu ihr runter zu bewegen, um mir Ihre beiden Hände aufs Gesicht legen zu können.
Warum sie das tat? Keine Ahnung aber es tat unglaublich gut!
Ich glaube das war ein Moment, den werde ich lange nicht mehr vergessen, weil ich ihn schon lange nicht mehr weiß, wie gut es sich anfühlt, berührt zu werden – das kann süchtig machen, weil es Wärme schenkt, irgendwo ganz tief im Herzen – wie ein Energieschub ist, der dir etwas gibt, dass man mit keinem Geld der Welt bezahlen kann.
Nähe halt
Und wenn ich dann hier so sitze und genau diese Nähe vermisse, jeden Tag immer mehr und mehr, überlege ich mir, dass das doch eigentlich nur klagen auf hohem Niveau ist, denn solange man sich mit seinen Gedanken beschäftigt, begibt man sich in eine kleine Traumwelt und was ist schöner als träumen – eigentlich nichts – denn solange man träumen kann, lebt man und hört man irgendwann einmal auf zu träumen, dann hat man sein Ziel erreicht, wie auch immer das aussieht.
Die Menschen da draußen auf der Straße – träumen sie?
Ganz bestimmt träumen sie – von einem besseren Leben, einem Dach über dem Kopf, regelmäßiges Essen und vielen anderen Dingen, doch beschäftigen sie sich auch mit diesen Gedanken, die sie fragen, ob denn da nicht noch mehr ist – irgendwo auf dieser Welt – wie sie es sich anfühlt, ehrliche Nähe zu spüren?
Wie sie mit solchen Gedanken umgehen, das werde ich erfahren, spätesten am Donnerstag, wenn auch ich dann wieder zu ihnen herausfahre und mich mit ihnen unterhalte.
Und bis es dann so weit ist, lege ich mich nun tatsächlich auf die Couch, schaue mir irgendwas im Fernseher an und hoffe nicht, dass mich meine Gedanken, Dinge fragen, die ich ihnen nicht beantworten kann.
Schätzt das was ihr habt und lasst es niemals los, wer weiß wann der nächste Augenblick kommt, wo ihr genau diese Augenblicke zu schätzen wissen dürft.
Feierabend – Gute Nacht