Corona hier – Corona da – Corona überall.

Corona hier – Corona da – Corona überall.
Ja es ist schrecklich, was dieses Virus mit uns veranstaltet und wie es manches in die Knie zwingt und auch all die Menschen, die an diesem Mistvieh (wenn ich das mal so schreiben darf) verstorben sind oder auf der Intensivstation liegen und um ihr Leben kämpfen.
Es ist alles schrecklich und nicht nachvollziehbar.
Ein Jahr bevor diese Pandemie, hier bei uns ausgebrochen ist, feierten wir kurz vorher noch Weihnachten und hatten in den Nachrichten davon gehört und so ziemlich jeder hat sich gewünscht, dass hier nicht bei uns zu haben – doch es kam dann schneller als gedacht zu uns und veränderte eine Welt, die eigentlich schon sehr leise war – dahingehend, dass sie noch viel leiser wurde.
Nicht eine spezielle Welt, also nicht diese zweischichten Gesellschaft, die noch kurz vorher aus arm und reich bestand, sondern die unsere Welt – in der es leider auch Menschen gibt, denen das Glück nicht immer zur Seite gestanden ist – eine Welt, in der wir alle leben, die aber letztendlich durch all das was da gerade passiert, von Tag zu Tag – immer mehr auseinanderbricht und dann letztendlich komplett dafür sorgt, dass es sie dann doch gibt – diese furchtbare zweischichten Gesellschaft.
Dennoch haben in den heutigen Zeiten beide es gemeinsam – sie sind beide leise und leben schweigend vor sich her.
Aus einer Umarmung ist ein Fußtritt geworden, aus einem Händeschütteln ein Faustkampf und aus einem Lächeln, ein versteckter Maskenanblick.
Wenn wir vor der Pandemie schon einen Unterschied zwischen arm und reich machten, werden nach der Pandemie, Worte wie Nächstenliebe, Empathie und Miteinander auch aus dem Duden gestrichen werden können, weil niemand mehr weiß, wie sich sowas anfühlt.
Dann ist unsere Welt nicht nur leise und still, dann wird sie auch kalt und einsam sein.
Und dann gibt es da Menschen, die vollkommen vergessen werden – die, die seit Tagen nichts mehr im Kühlschrank haben und sowie eine kleine Familie aus Ennepe-Ruhr-Kreis allen Mut zusammen nimmt und uns auf Grund, eines unserer Fahrzeuge, welches sie des Öfteren gesehen haben, sich bei uns melden und fragen ob wir helfen können!?
Natürlich können wir das und wir haben geholfen und nun ist der Kühlschrank wieder voll.
Ein berührender Augenblick, dass hat auch

Thorsten Biermann

, der mich heute begleitet hat, so empfunden.

Da steht ein junger Mann vor dem Fahrzeug, schaut auf den Lebensmittelgutschein und kann es gar nicht fassen, was er da als Summe stehen sieht.
Das Schweigen was dann folgte war gar nicht so lang, es fühlte sich nur endlos an, denn ihm fehlten die Worte und dann fragte er mit gesenktem Kopf „Und was muss ich tun, um das irgendwie wieder zurückzugeben?“
Gar nichts muss er tun, außer sich bei uns zu melden, wenn es nochmal schwer wird und wir wieder helfen dürfen.
Unsere Antwort hat dann sein anfängliches Schweigen noch mehr in die Tiefe gezogen und man sah ihm an, dass er fassungslos und hin- und hergerissen war.
Und dann kommt der Augenblick, in dem sie dich umarmen wollen und der Kopf bei beiden, die Vollbremsung aktiviert – Corona – No Go – rien ne va plus – nichts geht mehr.
Die Welt wird kälter, auch wenn sie kurz vorher noch ein unglaubliches Feuer entfacht hat, das was wichtig ist – bleibt auf der Strecke.
Letztendlich durften wir helfen.
Dann ging es nach Hagen, dort trafen wir auf Silja Rösner – die gerade jemanden weggebracht hatte und in der Zeit, in der wir sprachen, kam ein obdachloser Herr auf uns zu, der sich über einen Kaffee freute und uns ein bisschen über sich erzählte.
Auch diese Augenblicke, wo diese Menschen danke sagen möchte, wo sie noch vor alle dem jenigen die Hand schütteln durften, nicht auf Distanz sprechen mussten – diese Augenblicke machen die Welt nicht nur leiser, still, kalt und einsam, dann wird sie zudem auch noch traurig und ein bisschen ängstlich.
Danach ging es noch eine Runde durch Hagen – auf der Fahrt durch die Stadt trafen wir einen Streifenwagen – Fenster runter und gefragt, ob ihnen irgendwo obdachlose Menschen aufgefallen sind, denen wir helfen können.
Die freundlichen Beamten gaben und einen Hinweis und dieser führte uns zu einem Herrn, der sich sehr über einen Kaffee freute.
Danach ging es ausnahmsweise auf die Autobahn Richtung Bochum, dort konnten wir mit zwei Winterschlafsäcken und zwei Isomatten aushelfen.
Einer der Menschen kam zu mir und erzählte mir von seiner Freundin, dessen Bruder in den letzten Tagen einfach so, ohne irgendwas gehabt zu haben, verstorben war.
Er kam immer näher und seine Traurigkeit über den Vorfall, war ihm sehr deutlich anzusehen, doch auch hier musste ich dann leider auf die Distanz hinweisen, einfach weil es so sicherer ist und dann wurde die Welt nicht nur traurig, ängstlicher, kälter und einsamer, stiller und leiser, sondern auch noch distanzierter, als je zuvor.
Danach machten wir uns auf den Heimweg und bis auf die Müdigkeit, die sich dann meldetet, wurde es auch leise im Auto und die Gedanken rieselten leise und versteckt, fast schon so ein bisschen wie diese Menschen, denen wir jeden Tag helfen – sei es durch Lebensmittel, die den Kühlschrank füllen oder dem Schlafsack, denn wir verteilen, damit die Kälte nicht die Oberhand gewinnt.
Umso mehr diese Welt sich verändert, umso versteckter werden die, die unsere Hilfe brauchen, die – die eh schon vor alle dem in gewisser Weise unsichtbar waren, sind durch all das noch schlechter zu erkennen, wobei die Straßen wie leer gefegt sind und jeder der sich in den Zeiten noch auf der Straße aufhält, eigentlich sichtbarer ist, als nie zuvor – wird sich diese Welt, wenn wir nicht alle daran glauben, dass all das irgendwann einmal ein Ende hat und wir nicht einsehen, dass dieses Schicksal uns alle treffen kann und wir unsere Wärme im Herzen verlieren und genau still, leise, traurig, ängstlich, kalt und einsam werden, werden wir uns dann alle noch mehr voneinander distanzieren, wie davor.
Lasst uns gemeinsam daraus lernen, gemeinsam auf etwas aufzubauen, was bereits da ist und gemeinsam aufzustehen und denen helfen, die jetzt unsere Hilfe ganz besonders brauchen.
Niemand verlangt das gelacht wird, niemand verlangt das nicht nachgedacht wird, niemand verlangt irgendwas – doch diese kleinen Augenblicke im Leben anderen zu helfen, die Hilfe brauchen, die klitze kleinen Momente, machen jedes einzelne Leben, ein Stück wertvoller – ob arm oder reich – letztendlich sind wir alle gleich!