Das Wunder von Wuppertal

Was für ein Tag
Ihr habt unsere Berichte gelesen und es waren gestern nicht wenige –
ARD Thema: Bettelmafia – Hilfe in der kalten Jahreszeit
Sat1 & WDR: Gewalt an obdachlose Menschen
Das war schon viel, für einen Tag.
Doch wenn man glaubt es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Freudensprung her.
Pausen hatten wir heute wenig, denn zur Tour von Frank, Sabine und Kathrin, die sie in Richtung Bochum führten, fuhren Thorsten, Jens und ich nach Wuppertal und Hagen, wo wir etlichen obdachlosen Menschen helfen durften.
Doppeltouren – wie man sie von uns kennt und mit welche einem sehr gut aufeinander abgestimmten Team, schon fast perfekt realisiert werden.
Es rollt – könnte man sagen!
Wir besuchten die Menschen, denen wir um die Uhrzeiten auf den Straßen begegnen, denen die dort schlafen, in einer mittlerweile unbarmherzig feuchten Kälte, die keine Schwäche zulässt und wenn du nicht hart genug bist, wirst du den Kampf verlieren, so sagte es uns einer von ihnen, mit gesenkten Kopf und wenn ich verliere, dann verliere ich auch noch das letzte, dass mir geblieben ist – mein Leben.
Nachdenklich zogen wir weiter, noch tiefer in die Nacht, noch tiefer in die Welt derer, die schutzlos dort draußen, ihr Leben verbringen.
Menschen, die an das was einmal war, immer und immer wieder zurückdenken, die darüber erzählen aber auch erst dann, wenn sie vertrauen gefunden haben, sie sich sicher sein können, ihren Kopf nicht mehr senken zu müssen, weil das was sie dann erzählen, sie stärker macht, für einen Augenblick, für einen Moment, in dem sie sich wieder da befinden, woher sie kamen,
aus einer Welt, in der wir leben wir die – die im Gegensatz zu ihnen, ein Quäntchen mehr Glück hatten, als sie und aus einer Welt, aus der jeder von uns genauso wie diese Menschen auch, schneller herausfallen können, als sich niemand von nur im Ansatz vorstellen möchte, dorthin zu fallen, wo eben diese Menschen, nun leben.
Wir verteilten Kaffee, Tee, Suppen und Handcreme, gegen trockene Haut die oftmals, gerade jetzt zu dieser Jahreszeit reißt und durch die Kälte zu platzen droht.
Und dann waren sie wieder da, die drei, von denen heute auf Sat1 NRW berichtet wurde, die Menschen die in der letzten Nacht auf eine unglaublich menschenverachtende Art und Weise angegriffen wurden – wir waren wieder für sie da.
Als erstes gab es etwas richtiges warmes zu essen, weil sie fast den ganzen Tag, vor der Kamera ihr Erlebnis der vergangene Nacht erzählten und eben in diesem Zeitraum, nichts zu essen hatten – es fehlte einfach die Zeit, um sich etwas zu besorgen.
Äußerlich ist gar nicht so viel zu sehen, von diesem Vorfall aber der Schlaf ist abrupt leichter geworden, die Sorge, dass die Menschen wieder kommen, jeden Moment in den sie daran denken, ihnen die Bilder durch den Kopf schießen lassen und ihnen das was gewesen ist immer und immer wieder ins Gedächtnis rufen – hindert sie daran, einzuschlafen.
An Schlaf ist nicht wirklich zu denken – hätte ich eine von den drei Flaschen nicht im Reflex abgewehrt, würden wir hier nur noch zu zweit liegen – denn die abgewehrte Flasche hätte einen von uns am Kopf getroffen, so die Aussage der Person, die sich dadurch eine Schnittverletzung am Finger zuzog.
Was für ein grausamer Gedanke
Und dann gab es auch hier für jeden von ihnen einen Tee und ein Versprechen, dass wir vom Nachmittag her eingehalten hatten, denn es gab neue Schuhe über die sich die Füße, die wir mittags noch zu sehen bekamen und die schon kreideweis waren, sehr gefreut hatten und nicht nur die Füße, sondern auch die Dame zu denen die Füße gehören, freute sich ohne Unterbrechung, zog sie an und danach lief sie mit ihnen rum, lachte laut, freute sich – tanzte schon fast.
Irgendwie, wie auf Wolken
Hier – wir haben etwas für Euch und wir möchten dass ihr das annehmt, weil wir möchten auch danke sagen – für all das was ausnahmslos ihr, für uns tut.
Jens und Thorsten zögerten, ich nahm es schließlich, weil hätten wir es nicht angenommen, wäre die Enttäuschung zu groß gewesen, uns nicht auch einmal eine Freude machen zu dürfen.
Und dann geschah ein kleines Wunder – das Wunder von Wuppertal
Zwei junge Männer kamen auf uns zu, blieben stehen und schauten vorsichtig.
Bist du es, fragte einer von ihnen in die Runde und nach einem kurzen zögern, kam kein ja oder nein mehr, sondern nur noch ein aufeinander zulaufen und eine nicht beschreibbare herzliche Umarmung.
Eine Umarmung, die schon so sehr lange auf sich warten ließ, weil sie es in den letzten 4 Jahren nicht zuließ, diesen Moment zu leben, weil man sich aus den Augen verloren hatte.
Durch den Sat1 Bericht, trafen sich von jetzt auf gleich Stiefsohn und Vater wieder.
Sie konnten ihr Glück gar nicht fassen, als sie ihn im Fernseher gesehen hatten, sich aufmachten, um ihn zu finden, die Person drücken zu dürfen, die vor langer Zeit aus dem Leben gerissen wurde und heute durch eine eigentlich unglaubliche Geschichte, sich wieder zusammen gefunden hat.
Wir nennen es das Wunder von Wuppertal
Beschreiben kann man einen solchen Augenblick nicht – uns fehlen noch immer die Worte dafür, zum einen, dass wir diesen Augenblick, mit so viel gebündelter Liebe und Kraft, miterleben durften und das wir durch das präsentmachen, einer schon fast außergewöhnlichen Öffentlichkeitsarbeit, die binnen weniger Stunden, zig tausende von Menschen, auf die Gewalt der Straße aufmerksam machte, zu so einem unglaublich schon Happy End führen lassen durfte.
Für diese Augenblicke, die uns unvergessen bleiben werden, bedanken wir uns aus tiefsten Herzen!
Anmerkung:
1.) Die hier veröffentlichten Bilder, die Personen zeigen oder erkennbar machen, wurden uns mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung von diesen Personen genehmigt.
2.) Der Bericht von unserem zweiten Team erscheint heute am 04.11.2021 um 13:00 Uhr