Soforthilfe

Warum ist dies so und das ist so und warum ist überhaupt irgendwie alles so, wie es irgendwie ist?

Ich habe mich mal durch die Artikel sämtlicher Medien gelesen und habe mich auf die Suche nach dem Wort „Soforthilfe“ gemacht.
Jetzt wo ich den Artikel hier schreibe, könnte ich was das Thema angeht auch eine Doktorarbeit schreiben, mache ich aber nicht, weil mir der Begriff „Soforthilfe“ nämlich immer noch nicht verständlich in den Kopf will.
Warum ist das so und warum ist das überhaupt so?
Mit [Ein]Blick möchte ich das Ganze mal ein bisschen vertiefen.

Wenn wir bedürftigen Menschen helfen, jetzt mal ganz von den Flutopfern abgesehen, dann erfahren wir in den zahlreichen Gesprächen, die wir mit diesen Menschen führen, dass sie sich vergessen fühlen, allein fühlen, nicht gesehen werden und das Gefühl haben, in einer Zweiklassengesellschaft, ganz unten in der Nahrungskette zu stehen und keine einzige Sprosse, einer Leiter finden, die ihnen die Möglichkeit geben würden, wieder einen Schritt nach oben zu machen.
Das ist so und ich glaube, dass wir immer so bleiben. Ganz nach dem Motto „Haste was biste was haste nichts biste nichts“.
Heute habe ich im Radio gehört, als jemand die Behauptung aufstellte, dass die Gesellschaft immer aggressiver wird – wird sie das?
Ich glaube sie wird nicht nur aggressiver, sie wird auch immer mehr oberflächlich und gleichgültig, besonders dann, wenn es um Themen, wie diese geht.
Und jetzt machen wir mal einen Sprung zu den Flutopfern, die gerade aktuell auch zu denen gehören, die langsam vergessen werden.

Gestern noch war alles gut, kaum dreht man sich um – tritt einem das Schicksal in den Hintern und man landet dort, wo man nie geglaubt hätte zu landen.
Auch das gehört zu dem Leben dazu und leider kommt so etwas „immer“ ohne Vorwarnung.
Und dann kann man hoffen, denn es wird ja von „Soforthilfe“ gesprochen.
Nach Angaben des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) wurden bislang 358 Millionen Euro für die von der Flutkatastrophe im Westen Deutschland betroffenen Menschen gespendet und das sind nur die Zahlen, der Spenden, die dort gemeldet wurden.
Na, das ist ja mal ein Sümmchen – letztendlich wird es aber wohl nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, wenn Papa Staat da nicht noch einen kleinen Obolus drauflegt.
Die tatsächlichen Schäden werden in die Milliarden gehen.

Aber da war noch das mit der „Soforthilfe“, die man ja eigentlich aus den Spenden nehmen könnte und bestimmt auch nimmt.
Und trotzdem stellt sich dann immer noch die Frage, warum es dann so ist, dass so viele „Soforthilfen“ abgelehnt werden!?
Abgelehnt, weil der Ort nicht stimmt, weil das Gartenhaus Luxus war und weil der Keller nicht Bestandteil der Wohnung ist, dass nicht selbstbewohnte Haus, als wirtschaftlicher Nutzen angesehen wird, weil man keine Kinder hat und dadurch auch durch die ein oder andere „Soforthilfe“ plumpst.
Aber warum nennt man das dann „Soforthilfe“, wenn es doch eigentlich eine „eingeschränkte Hilfe“ bis teilweise „gar keine Hilfe“ ist, die mit so viel Voraussetzungen, Anträgen und gerade für ältere Menschen, kaum überschaubare seitenlange Dokumente sind, wo selbst jungen Menschen, der Kopf anfängt zu qualmen.
In den letzten Wochen und Tagen haben wir mit sehr vielen Menschen gesprochen, die Opfer der Flut geworden sind.
Angefangen von dem Unternehmen, dass von heute auf morgen, sein Gewerbe abmelden durfte, weil kein Unternehmen mehr vorhanden ist oder war, bis hin zu der Familie, die ein Gartenhäuschen in einem anderen Stadtteil hatte aber wohl im falschen, ein Ort die Kinder zur Ruhe kamen, wenn es auch nicht den Urlaub im Süden ersetzt zumindest aber einen Urlaub ersetzt hatte, der ihnen ein bisschen Glück brachte, bis hin zu denen die Erinnerungen und andere wichtige Dinge im Keller stehen hatten, die nun einfach weg sind und wenn es richtig hart kommt, dann war da gar kein Keller mehr, denn das Haus ist gleich mit der Welle davon geschwommen.
„Soforthilfe“ was ist denn nun diese „Soforthilfe“?
Die Medien schreiben, dass es jetzt richtig heiß zur Sache geht, denn nun kommt sie diese Hilfe und es wird ausgezahlt, ausgezahlt und nochmal ausgezahlt.
Auch die riesigen Spenden, die gespendet wurden – wo sind sie und warum kommen sie nur so kläglich an?
Was ist da los?
Wenn ich lese, was an Verwaltungsgebühren von den gemachten Spenden abgezogen werden, bevor sie überhaupt erst ausgezahlt werden, wenn sie dann irgendwann ausgezahlt werden, dann wird mir flau im Magen.
Hat den Spendern das irgendjemand gesagt?

Und wenn man genauer hinschaut, wird eben irgendwie nicht viel ausgezahlt, weil man einen von den zig Kriterien einfach nicht erfüllt, der in den mehrseitigen Anträgen verlangt wird und wodrauf jeder Lust hat, diese auszufüllen, der gerade alles verloren hat und wenn man dann noch Glück hat und Besitzer eines Briefkastens ist, kommt eben dann der Brief, allerdings dann sehr oft mit einem Schreiben, in dem steht – das es keine „Soforthilfe“ gibt.

Wow – was für ein durcheinander!
Nicht unser Thema?
Doch – es ist unser Thema, denn wir sitzen bei den Menschen da draußen und sprechen mit ihnen, versuchen ihnen ein kleines Lächeln abzugewinnen, trauern mit ihnen zusammen, über das was ihnen genommen worden ist, versuchen sie mit Dingen zu versorgen, die „jetzt“ wichtig sind, können ihnen aber letztendlich eine entscheidene Frage nicht beantworten.
Wo denn jetzt die versprochene Hilfe bleibt, die so groß angekündigt wurde?

Vielleicht kommt sie ja noch, irgendwann einmal – außer bei denen die sie bereits abgelehnt bekommen haben. Die müssen dann jetzt eben sehen, wo sie bleiben.

Ich freue mich auch als kleiner Verein, hier so manch einem die Stirn zeigen zu können und mit unserer ehrenamtlichen Arbeit, dem Begriff „Soforthilfe“ weiterhin seine wahre Bedeutung schenken zu können.