Unsichtbar im Krankenhaus

„Unsichtbar im Krankenhaus – Wenn obdachlose Menschen stationär verschwinden“

Ein ehrlicher Bericht über Menschlichkeit, Systemlücken – und Grenzen.

Es gibt einen Ort, an dem obdachlose Menschen oft nicht vorkommen – nicht, weil sie nicht krank wären, sondern weil das System schlichtweg nicht auf sie eingestellt ist: die Krankenhäuser.

Und doch kommen sie.
Mit Wunden, Schmerzen, Brüchen, Fieber.
Manche allein. Manche im Rettungswagen.
Und manchmal – sterben sie dort. Still. Und ohne dass jemand fragt.

Wenn niemand kommt, niemand fragt, niemand Bescheid weiß – was passiert, wenn ein obdachloser Mensch im Krankenhaus stirbt?

Niemand meldet sich.
Niemand holt persönliche Dinge ab.
Oft fehlt der Name. Oder er ist falsch.
Manche tauchen nie mehr auf.
Kein Abschied. Kein letzter Gruß. Keine Geschichte, die weitergegeben wird.

Und dann?
Dann landet dieses Leben unter „unbekannt verstorben“. Ein Mensch ohne Fußspur.

Und wenn sie überleben?
Dann beginnt das nächste Drama:

Kein Zuhause zur Entlassung.
Keine Möglichkeit zur Nachsorge.
Keine Medikamente im Rucksack, nur in der Plastiktüte.
Keine Erklärung, wie es weitergeht.

Manche werden entlassen, obwohl sie nicht laufen können.
Manche mit offenen Wunden.
Nicht aus Kälte – sondern aus Hilflosigkeit des Systems.
Weil niemand zuständig ist.
Weil kein Bett frei ist.
Weil kein Platz im sozialen Netz geblieben ist.

Aber – und das ist uns wichtig:
Obdachlosigkeit ist kein Freibrief.

Auch wer kein Zuhause hat, hat Pflichten im Miteinander.
Und es kommt vor, dass Menschen sich in Kliniken danebenbenehmen – laut, übergriffig, aggressiv.
Dass Pfleger:innen beleidigt werden, Zimmer nicht benutzbar sind, andere Patient:innen in Angst geraten.

Das gibt es. Und ja: In solchen Fällen ist ein Platzverweis oder Hausverbot nachvollziehbar. Auch das ist Teil der Wahrheit.

Vier dokumentierte Beispiele aus der Realität:

Fall Berlin 2023
Ein obdachloser Mann wird trotz starker gesundheitlicher Einschränkungen aus einem Berliner Krankenhaus entlassen – bei Kälte, ohne Schutz. Er stirbt kurz darauf auf der Straße. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein.
(Quelle: rbb24.de, „Tod eines Obdachlosen – Entlassung aus Klinik wird untersucht“, März 2023)

Fall Köln 2022
Ein Obdachloser wird mit laufender Infusion und Plastiktüte aus der Klinik entlassen – ohne Erklärung, ohne Ansprechpartner, ohne Unterkunft.
(Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, „Mit Infusion in der Tasche zurück auf die Straße“, 2022)

Fall Hamburg 2018
Ein 43-jähriger Obdachloser stirbt wenige Tage nach seiner Entlassung aus einem Krankenhaus an einer Lungenentzündung. Sozialarbeiter berichten, dass er ohne passende Medikamente und ohne Schlafplatz gegangen sei.
(Quelle: Hinz&Kunzt, Straßenmagazin Hamburg)

Fall München 2021
Ein Klinikhausverbot wurde gegen einen obdachlosen Mann verhängt, nachdem er wiederholt Mitarbeitende beleidigte. Die Folge: keine weitere medizinische Hilfe – trotz offener Wunden.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung, „Klinikpersonal am Limit“, Dezember 2021)

Unser Fazit:
Wir schreiben über obdachlose Menschen.
Wir helfen ihnen, wo wir können.
Aber wir tun das ehrlich.

Es gibt keine heiligen Engel. Aber auch keine wertlosen Fälle.
Es gibt nur Menschen. Mit Geschichten, mit Brüchen – und mit Würde.

Und ein Krankenhaus ist kein Feind. Sondern oft ein letzter Halt.

Deshalb sagen wir beides:
Danke an alle Kliniken, die trotzdem helfen.
Und gleichzeitig: Wir müssen darüber reden, wo es nicht reicht.