Eine Reise in die Vergangenheit.

Eine Reise in die Vergangenheit.

 

Mit Jens machte ich mich heute auf die Tour.

 

Die nasse kalte Nacht ließ uns schaudern und schlug aufs Gemüt.

 

Eine direkte Planung für diese Tour gab es nicht, jedoch wollten wir auch Präsenz zeigen, auf uns aufmerksam machen und des Weiteren hatten wir auch zwei Aufträge, die wir erledigen wollten.

 

Im Wohnzimmer einer kleinen Obdachlosen WG wurden wir mit einem Thema konfrontiert, das auch wir, jeder einzelne von uns, hin und wieder angeht.

Es ging um das Thema: Wie fing es an? Warum bin ich jetzt hier wo ich bin? Warum schaffe ich es nicht, diese Situation zu ändern?

 

Es war eine Reise in die Vergangenheit, in eine Vergangenheit, in der das Leben noch anders war. War es besser?

Wie kam es dazu, dass ich jetzt so lebe? Dass ich es akzeptiere und als fast schon normal ansehe? Dass ich hier in der Kälte liege und friere und nicht die Kraft finde, den Weg zu gehen?

 

Bergab gegangen ist man schnell. Jedoch Bergauf ist anstrengend.

Sieht man den Berg hinunter, rennt man auch gerne mal los. Jedoch sieht man den Berg hinauf und denk an die Anstrengung die es Bedarf ihn zu besteigen – schreckt man davor zurück und überlegt, ob man es überhaupt angeht, oder doch lieber unten liegen bleibt.

 

Es war ein Gespräch, das Tiefgründiger nicht sein konnte.

Was wir jedoch heraushören konnten, war die Tatsache, dass die eigene Kraft dazu nicht ausreicht, den Berg zu besteigen.

 

Auch die Hilflosigkeit und Frustration darüber, für einen selbst, die richtige Hilfe, nicht zu bekommen.

 

Jedoch ein wichtiger Punkt wurde auch angesprochen – der Punkt, dass der erste Schritt immer von einem selbst ausgehen muss.

Hilfe ist nur möglich – wenn Hilfe angenommen wird.

 

Es setzt auch ein großes Maß an Vertrauen voraus. Doch dieses Vertrauen verliert man schnell auf der Straße. Wen soll man vertrauen, oder wen kann man vertrauen?

Es ist ein ewiger Kreislauf.

 

Genau wie uns das Wetter aufs Gemüt schlägt – genauso schlägt es aufs Gemüt der Menschen auf der Straße, jedoch um einiges mehr.

 

In letzter Zeit merken wir es immer häufiger, dass hier Gesprächsbedarf ist und auch eine große Hoffnungslosigkeit, man könnte schon sagen Angst herrscht.

 

Auch wenn man geschützt, unter einem Dach oder in einen Vorraum einen Platz findet, so ist man immer klamm von der Luftfeuchtigkeit, die herrscht. Ein ständiges Frieren ist die Folge und mit ihr kommen die Gedanken.

 

Auch als wir fuhren, beschäftigte uns dieses Gespräch noch lange.

Einigen konnten wir noch mit einem heißen Getränk eine Freude machen, doch im Großen und Ganzen war es sehr ruhig auf der Straße.

Eine Stille die schon wieder beängstigend war. Denn wir fragten uns, wo sind sie? Wo haben sie einen Unterschlupf gefunden? Sind sie trocken untergebracht? Ist es ein gutes Zeichen, wenn wir sie nicht finden? Diese Frage können wir mit Nein beantworten, denn wenn wir nicht wissen, wo sie sind und sie nicht finden, sind sie alleine, wenn es lebensgefährlich wird.

 

Wir suchten und schauten in viele mögliche Ecken, doch es blieb still.

Heute ist es nicht so kalt, doch was ist in den folgenden Nächten, wenn der Frost wieder zurückkehrt?

 

Wir werden auf jeden Fall wieder hinausfahren, wie jede Nacht (außer sonntags) und den Menschen, die dann noch auf der Straße verweilen, ein kleines bisschen Wärme zu bringen.

 

Aufgeben ist für uns keine Option – auch wenn wir heute wenige getroffen haben, so war für uns die Nacht erfolgreich – denn selbst wenn wir nur einen, in den Stunden, die wir auf der Straße sind, helfen, haben wir einen glücklich gemacht.

Das ist auf jeden Fall mehr, als wenn wir nicht hinausfahren würden.

 

Eine Reise in die Vergangenheit – ein Thema, das uns heute in den Schlaf begleiten wird. Sicher werden wir auch einen Berg besteigen oder ihn hinabgehen.

Jedoch das beste Gefühl, dass uns heute begleitet, wenn wir uns schlafen legen, ist das Gefühl geholfen zu haben.

 

Schau hin und nicht weg.

 

Nimm dir Zeit, für ein Gespräch, mit diesen Menschen, denn wenn einer ein Gespräch verdient hat, dann sind es diese Menschen.

 

In tiefen Gedanken gehen wir heute schlafen und wünschen Euch dort draußen, einen wunderschönen Sonntag und schaut hin und nicht weg.