Wie ein Nebel

Mit Olaf war ich, Regine heute auf Tour.
Die Gedanken heute in Worte zu fassen, fällt mir schwer, denn es ist nicht leicht.
Wie ein Nebel, liegen die Worte in meinem Kopf. Können wir uns hineinversetzen in diese Menschen, die ihre Zeit auf der Straße verbringen?
Ja, wir sehen Sie,
wir hören sie und
wir fühlen mit Ihnen.
Nicht nur, dass sie sich ungenügend ernähren, sondern, ihnen fehlt auch der erholsame Schlaf.
Dies hat Auswirkungen, die wir selbst hin und wieder schon einmal in einer ähnlichen Situation erlebt haben, jedoch bei den Menschen auf der Straße ist es um ein vielfältiges schlimmer.
Viele Körper sind ausgemergelt und zeigen Wunden.
Es ist erschreckend, dieses Leid zu sehen und doch das Lächeln, das auf ihren Gesichtern liegt, wenn wir erscheinen.
Auch der Schlaf ist ein sehr großes Problem auf der Straße.
Hierbei spielen viele Ängste und Gefühle eine Rolle.
Die Kälte und Nässe dringt in sie hinein und auch wenn Sie ein trockenes Plätzchen erwischt haben, liegt diese Feuchtigkeit in der Luft.
Ein weiterer großer Punkt ist die Angst im Schlaf überfallen zu werden.
Sie liegen ungeschützt, haben keine Wände um sich, die ihnen Sicherheit geben.
Auch das Wissen, dass die Kriminalität zugenommen hat, lässt sie nicht in den erholsamen Schlaf gehen. Sie sind immer wachsam.
Die Folgen machen sich extrem bemerkbar.
Es entstehen Gedächtnislücken. Sie haben Schwierigkeiten damit, ein Zeitgefühl zu empfinden und wissen auf manche Fragen, die für uns eine Selbstverständlichkeit sind und wir eine sofortige Antwort parat hätten, sehen Sie uns erschreckt an und komme nicht klar damit. Es verunsichert sie zutiefst.
Heute auf unsere Tour merkten wir extrem, die Energielosigkeit der Einzelnen und auch die ungewollte Verwirrtheit.
Viele sind von Krankheit gezeichnet und doch sagen Sie uns auf Rückfrage, mir geht es so weit gut.
Eine anfängliche Suche blieb erfolglos, bei der wir in sehr dunklen Ecken spazierten.
Auch eine weitere Aktion, wieder mal auf einen Friedhof, brachte uns keinen Erfolg.
Wir trafen einen uns bekannten Mann, der stellenweise ein Zuhause hat und er erzählte uns, dass er seinen Hund, seinen besten Freund abgegeben hat. Er wollte es so, sagte er. Doch wir, die auch Tiere haben oder hatten, wissen, dass dies nicht leicht ist und für so einen Menschen, der psychisch labil ist, erst recht nicht. Er wollte auch ansonsten nichts, doch wir haben uns fest vorgenommen, ihn im Auge zu behalten, denn unsere Sorge ist groß.
Unser neues „Sorgenkind“, begrüßte uns lächelnd und stürzte sich auf die Suppe und freute sich über Haribo. Wir hätten ihn gerne etwas anderes zu essen geholt, etwas Richtiges Nahrhaftes, doch das wollte er heute nicht. Heute jedoch erzählte er uns ein wenig aus seinem Leben, doch dies ist vertraulich und dieses Vertrauen verletzen wir nicht.
Ein Weiterer war ganz verstört, als er die einfachsten Erinnerungen nicht mehr im Kopf hatte. Das Ängstigte ihn sehr und er war verunsichert.
Es herrschte eine gespenstische Stille auf der Straße, die wohl nur wir wahrnahmen. Stellenweise waren die Städte noch voll, viele Passanten liefen herum und aus den Bars hörte man Musik, doch für uns war es still.
Eine Tour, die uns wieder einmal gezeigt hat, wie wichtig es ist, hinzusehen anstelle von wegsehen.
Wie ein Nebel liegt eine Traurigkeit in mir und doch empfinde ich Freude.
Denn ich gehöre zu einem Team, das mit ganzem Herzen, diesen Menschen in der dunklen Nacht, einen kleinen Lichtblick schenkt und dafür bin ich Dankbar.