Obdachlosenhilfe – Teil 2

Heute Nacht war ich für viele Menschen unsichtbar – genau für die, denen wir sonst helfen.
Da stand ich also, wie ein begossener Pudel, mitten unter ihnen. Nur wenige kamen überhaupt in meine Nähe. Denen gab ich Weintrauben, Wasser, eine Terrine, Schokolade. Ein kleines Stück Normalität für sie an diesem extrem heißen Tag.
Alle anderen hörte man nur aus der Ferne. Da wurde gelacht, gegrölt, geschrien. Ich habe wohl das Thema der Party übersehen.
„Monatsanfang.“
So feierten sie – mit Bier, Schnaps, Lautstärke. Hatten sie Spaß? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Das steht mir nicht zu zu beurteilen. Ich war heute nur Beobachter. Ein stiller Gast, der wieder ging, ohne wirklich dazu zu gehören.
Auf dem Heimweg machte ich noch kurz Halt bei einem Herrn, der im Park auf einer Bank lag. Ich kenne ihn schon länger. Ich freute mich, ihn zu sehen, und noch mehr freute es mich, dass es ihm heute gut ging. Auch ihm gab ich Weintrauben, Wasser, ein wenig Süßes.
Und während ich so heimfuhr, dachte ich: Dafür, dass dieser Tag wirklich sehr anstrengend war, dafür, dass ich immer noch kein warmes Wasser habe, dafür, dass jenes, dieses, das – hey, es war trotzdem alles prima.
Hipp Hipp Hurra – bis dann mal.
Wir machen uns große Sorgen um die Menschen, die jetzt am Abend, wo ein frisches Lüftlein weht, vergnügt und in Partylaune ihren Monatsanfang feiern. Aber genau die gleichen sind es, die morgen irgendwo erst spät aufstehen oder auch anstelle eines Kaffees irgendwas anderes trinken, das vielleicht dem Geist Freude bereitet, der Seele bestimmt auch ein bisschen Frieden schenkt, dem Körper aber alles abverlangt – bis sie nicht mehr auf sich selbst achten und die Hitze der Sonne dann den Rest tut.
Sprecht sie bitte an, fragt, ob es ihnen gut geht – auch wenn vielleicht mal keine netten Antworten kommen. Lasst euch nicht abschrecken, fragt weiter, schenkt Wasser, ein Lächeln und einen lieben Gruß von wem auch immer. Schenkt obdachlosen Menschen gerade jetzt eure Aufmerksamkeit.