Eine Zugfahrt

Heute waren wir mal in Schwelm unterwegs und trafen am Bahnhof auf einen obdachlosen Herrn, der nicht nur durch seine Sachen auffiel, weil sie viel zu dünn für die Kälte war, sondern auch nicht wirklich gesund aussah.

Er sei auf der Durchreise und wollte eigentlich gar nicht nach Schwelm, doch als er mit dem Zug durch das Land fuhr, um irgendwo anzukommen, fing sein Zahn sich an zu entzünden.

Krankenversichert sei er und eine Meldeadresse habe er auch „noch“ aber er habe kein Dach über dem Kopf.

Seine Geschichte sei ziemlich kurz.

Er trennte sich nach mehreren Jahren von seiner Frau.

Schuld daran sei er gewesen, weil er immer mehr und mehr dem Alkohol verfallen gewesen wäre und seine Frau das nicht mehr ertragen konnte.

Sie stellte ihm zur Wahl, entweder sie oder der Alkohol – er nahm den Alkohol.

Zu lange im Rausch und nicht sicher ober er es schaffen würde, sagte er und bevor er einen Menschen, den er eigentlich lieben würde, seelische Schmerzen zufügen würde – irgendwann – nahm er ein paar Sachen, setzte sich in den Zug und fuhr quer durch`s Land.

Bis heute Abend eben.

Seit zwei Tagen schwoll seine Wange immer mehr an und er sei heute irgendwann aus dem Zug gestiegen, wäre zu einem Zahnarzt gegangen und der habe ihn von seinem Zahn erlöst, doch sei der Schmerz noch sehr stark und Geld für das Rezept habe er nicht mehr.

Na und da traf er dann auf uns – vielleicht war es ja Schicksal.

Seine Wange sah wirklich nicht schön aus und wir setzten uns ins Auto, fuhren zu einer Apotheke und holten ihm seine Medikamente, dazu füllten wir ihm einen Rucksack mit ein paar Lebensmitteln und statteten ihn mit warmen Schuhen, einer warmen Jacke und Socken und Schlüpfer aus.

Warum wir das machen, fragte er?

Weil wir es uns zur Aufgabe gemacht haben, Menschen wie ihm zu helfen.

Dann setzten wir uns noch etwa eine Stunde mit ihm an einen Bahngleis und unterhielten uns mit ihm. Eigentlich sprach er, oder er nuschelte eher (kein Wunder mit so einer Wange) und irgendwann dann, kam ein Zug und er meinte.

„Ich glaube den nehme ich mal“

Wohin es jetzt gehen würde, fragten wir?

Er schaute uns an und sagte am liebsten irgendwann wieder nach Schwelm, so herzlich sei er noch nirgendwo begrüßt und behandelt worden aber sein Weg ist noch nicht zu Ende, doch er wüsste auch nicht wohin es ihn ziehen würde aber vielleicht sieht man sich ja mal irgendwann wieder, er würde sich bei uns melden und uns darüber informieren, wie es ihm geht.

Dann stieg er in den Zug, winkte uns zu und fuhr davon.

Gute Fahrt