Am Dienstag bekam ich gleich mehrere SEO’s rein.

Am Dienstag bekam ich gleich mehrere SEO’s rein.
Bei uns heißen Sichtungen von obdachlosen Menschen „SEO“, weil es einfacher ist zu behalten und weil es auch besonders ist.
Normal kann ja jeder…
Heute war es besonders, und wenn ich jetzt nochmal ganz genau darüber nachdenke auch sehr spooky und sehr außergewöhnlich.
Bei UNSICHTBAR e.V. kann man nichts besonderes erleben? Sehr, sehr weit hergeholt – man muss eben auch einfach mal mitfahren, hinaus in die Nacht, um dann etwas zu erleben, was Andreas Rosenbaum und ich mir so hätten, niemals vorstellen können, zu erleben.
Vor einiger Zeit kauften wir uns eine Wärmebildkamera und die Fragezeichen vieler Menschen war groß – wieso muss das jetzt eine Wärmebildkamera sein, warum weshalb und was weiss ich.
Weil es Sinn machen wird, weil alles Sinn macht, was wir machen. Man muss sich eben nur etwas gedulden, sich die Ruhe antun, um irgendwann festzustellen, dass all das was wir tun, irgendwann ein Ganzes ergibt.
Eine der Meldungen sollte in einen sehr abgelegenen Teil von Wuppertal führen und schwupps, was soll ich sagen – hatten wir uns verfahren aber das war gar nicht so schlimm, denn auf dem falschen Weg lernten wir einen freundlichen älteren Herrn und sein junge und superfreundliche und liebe Begleitung kennen, die uns den richtigen Weg zeigten.
Zufälle haben immer irgendwas Gutes. Ich glaube ja das Schicksal führt uns dahin, wo wir einfach mal hinkommen sollen, um besondere Dinge und Menschen kennenzulernen.
Und dann machten wir uns auf, zu dem Punkt wo uns die SEO gemeldet wurde.
Wie bereits von der Melderin und auch kurz zuvor von dem älteren Herr erzählt bekommen, standen wir dann irgendwo im nirgendwo. Um uns herum war außer Wald nicht viel zu sehen.
Die Herbstblätter bedeckten den Wald so dick, dass der lehmige Boden da drunter nicht zu sehen war, dafür aber deutlich beim laufen, spürbar war.
Unser Weg führte uns einen kleinen Berg hinab, der wirklich sehr klein war aber auf jedenfall dafür gereicht hätte, sich ordentlich aufs Maul zu legen.
Gut war in diesem Augenblick, dass unsere Taschenlampe sehr hell war und Andreas bereits die Erna unsere Wärmebildkamera am Auge hielt.
Siehst du was, fragte ich?
Ne, gerade nichts, gab er mir als Antwort.
Schau mal sagte ich, hier hat mal jemand gelegen aber das muss schon eine Weile her sein.
Eine alte Isomatte, ein paar Schuhe und etwas dies und das bedeckten den Boden.
Nä, hier ist nichts und hier war auch schon lange niemand mehr.
Da ist jemand.
Ne hier ist nichts sagte ich.
Da ist jemand.
Ich schaute Andreas an und spürte plötzlich in mir, wie mir zugegeben etwas Angst und Bange wurde.
Wir standen mitten im Nichts, weit und breit plötzlich kein Laut mehr, keine Vogelstimmen, keine Geräusch von etwas Wind, der allerdings vorher noch wild seine Lieder spielte.
Nichts es war einfach nur still, kein Blatt das sich umdrehte und an einem anderen vorbei rutschte und dieses kratzende Blattgeräusch dadurch verursachte.
Nichts – Stille
Und dann steht dein Teamkollege neben dir und sagt ganz trocken und leise:
Da ist jemand
Dieser Moment ist unbeschreiblich, du fühlst dich für einen Augenblick wie angewurzelt – jeglicher Versuch sich zu bewegen, gleicht einer Nullnummer.
Zeig mal, sagte ich und nahm Erna an mich. (Erna heißt unsere Wärmebildkamera. Warum? Keine Ahnung, ist einfach so)
Ich schaute durch Erna hindurch und sagte.
Da ist nichts.
Zwischen den Bäumen, weiter links, sagte Andreas mit ganz leiser Stimme.
Ich schaute und sah ein Wesen, eine Figur, etwas großes, nicht definierbares, etwas das mein Augen so noch nicht gesehen hatte.
Was bitte ist das, fragte ich und nahm Erna erstmal ab, schaute Andreas an, wurde neugierig, hielt Erna erneut vor mein Auge, suchte das Objekt, fand es und sagte dann.
Es wird Zeit zu gehen!
Das Wesen, bei dem ich noch immer nicht weiss was es war – ob Mensch oder Tier, bewegt sich sehr langsam, so als wollte es keine Laute von sich geben, um nicht aufzufallen.
Wäre es auch nicht, hätten wir nicht Erna dabei gehabt.
Andreas ist der Meinung, es sei ein Mensch gewesen – ich bin mir nicht sicher und wenn, was machte er oder sie da oben im Wald?
Für uns bedeutete es erstmal in dieser Nacht den Rückzug, weil wir uns absolut nicht sicher waren, was uns dort vor uns erwartete.
Wir gingen langsam aber auch bedacht wieder zurück, passten an dem kleinen Berg auf, schauten zurück ob uns nicht vielleicht jemand folgen würde, erreichten dann unser Fahrzeug, setzten uns hinein, verschlossen die Türen, schauten uns an und sagten dann.
Das geht in die Geschichte von UNSICHTBAR e.V. ein.
Nun haben wir auch eine Gruselereignis erlebt, haben aber auch bestätigt, dass die Anschaffung einer Wärmebildkamera bereits zum wiederholten Mal Sinn gemacht hat, sowie eben alles Sinn macht, was wir umsetzen und manchmal muss man sich einfach nur drauf einlassen und abwarten was dann kommt.
Mein Bauchgefühl und meine Ideen, lassen mich weiterhin selten im Stich.
Was mich allerdings heute Nacht im Stich gelassen hatte, war mein Mut weiter in den Wald hineinzugehen – das verschieben wir auf ein andermal – ausnahmsweise auch mal auf eine Tagessichtung, dann zu dritt – wieder mit Erna im Gepäck, um dann vielleicht dem Geheimnis unserer SEO Tour auf den Grund gehen zu können.
Danke an dieser Stelle auch an Andreas für dieses mega vertrauensvolle Teamplay, eine krasse Erfahrung, die uns innerhalb von wenigen Minuten, ein riesiges Stück zusammengeschweißt hat.
Ich danke auch dir Stefanie Huck, ein weiteres Teammitglied, das sich angeboten hatte mitzukommen, morgen aber früh raus muss und ich ihr deshalb abgesagt hatte.
Und nun geht’s auch für mich nach Hause, auf in den Wald, hinein in die Dunkelheit, dort hin wo ich wohne und ich mich heute sehr wahrscheinlich mehrmals umdrehen werde, ob nicht vielleicht doch eine Gestalt hinter mir steht.