Irgendwann hat sich der Namen Megatour gefestigt

Megatourbericht Samstag / Sonntag
Irgendwann hat sich der Namen Megatour gefestigt.
Es ist diese Tour die wir in der Regel samstags fahren, sie beginnt um 22:00 Uhr und endet oftmals dann, wenn die Sonne am nächsten Tag aufgeht.
Klingt stressig, ist es aber nicht oder soll es nicht sein – es ist eine Tour, auf der wir die Plätze anfahren, die unter der vergangenen Woche angefahren wurden und die wichtig sind, angefahren zu werden, denn dort wo wir auf dieser Megatour hinfahren, sind die Menschen, denen es besonders schlecht geht.
Es ist aber auch die Tour, auf der wir andere Stellen erkunden und auch dort hinfahren, wo uns aus den letzten Tagen – Meldungen erreicht haben, um auch dort nochmal zu schauen, ob wir helfen können.
Stressig sind sie deshalb nicht, weil wir es sehr entspannt angehen, denn würden wir sie unter Druck fahren, dann würde sich die Müdigkeit sehr schnell breit machen und wir müssten solch eine Tour dann irgendwann abbrechen, weil die Konzentration nachlassen würde.
Und Konzentration und wache Reflexe sind das A und das O auf solch einer Tour, denn
gerade in der Nacht, sind viele Menschen unterwegs, die seltsam fahren oder plötzlich gar keinen Verkehrsregeln mehr kennen, die viel zu schnell unterwegs sind oder einfach etwas anders am Steuer machen, sich aber nicht um das drum herum kümmern, um das es eigentlich beim fahren geht.
Fussgänger denken sie sind Supermann und schauen auf ihr Handy und sehen keine roten Ampeln mehr, Fahrradfahrer denken sie haben einen Stahllegierung um sich herum und Menschen, bei denen der Alkohol auch in dieser Nacht mal wieder der Sieg errungen hat, denken leider oftmals gar nicht mehr nach und überqueren Straßen, als wären sie gar nicht da.
Da kommt man dann schonmal in Situationen, in denen man sich über einen gesunden und wachen Reflex freut, einer Reaktion, die uns schon oftmals, den A**** gerettet hat aber auch Supermann und anderen.
Aber auch die Konzentration ist wichtig.
In der Regel schaut der Beifahrer in alle Ecken hinein, um zu schauen – ob dort vielleicht jemand unsere Hilfe braucht, während der Fahrer das tut was ein Fahrer tun sollte, nämlich fahren, was er eigentlich auch tut – nur wenn ich ehrlich bin, darüber hinaus zu seiner Aufgabe das Fahrzeug sicher zu führen, genauso in dunkle Ecken blickt, um auch zu gucken, ob es dort jemanden gibt, der wie schon gesagt unsere Hilfe braucht.
Hört sich gefährlich an – ist es aber nicht, weil ich zum Beispiel relativ langsam durch die Stadt fahre – würden wir schnell fahren, würden wir gerade bei schlechtem Wetter gar nichts mehr erkennen und auf der Flucht sind wir ja auch nicht, also lieber mal etwas langsamer, als wie ein irrsinniger aufs Gaspedal treten.
Wir schreiben Euch nach unseren Touren immer wie wir geholfen haben aber eigentlich viel zu wenig, wie es ist zu helfen, was da so mit uns passiert, wie wir und was wir empfinden, wenn wir dann da draußen sind, auf der Straße – um zu helfen.
Und ja, ich sage es immer wieder – das Ehrenamt, sowie wir es leben, gehört zu einem der härtesten Ehrenämter die es gibt und gleichzeitig schreibe ich, dass solche Touren nicht stressig sind, was letztendlich auch stimmt, denn würden wir zu dem ganzen Gedankengepäck, dass wir von jeder Tour mit nach Hause nehmen, auch noch hektisch unsere Touren fahren, dann wäre ich mir sicher, dass wir uns irgendwann einliefern lassen könnten.
Es ist gerade bei dem was wir tun, sehr sehr wichtig, all das entspannt anzugehen und bevor man losfährt und das Auto beladen hat, noch vorher gemütlich einen Tee oder einen Kaffee zu trinken, sich zu unterhalten, runter zu kommen und sich in einer gewissen Art und Weise, mental auf die Nacht vorzubereiten.
Das Fahrzeug ist für den Moment, in dem wir fahren unsere Wohlfühloase und wenn wir gerade kein Radio anhaben und auch mal gar nichts sagen, ein Ort der Ruhe und Entspannung, denn schon bei dem nächsten Straßenmenschen, den wir sehen und bei dem wir anhalten, aussteigen und fragen ob er oder sie Hilfe braucht, sich von Sekunde auf Sekunde alles vollkommen verändern kann.
Dann ist die Ruhe vorbei, der Kopf schaltet um und wir befinden uns in dem Augenblick in einer Situation, die volle Konzentration von uns abverlangt.
Wenn wir zu zweit unterwegs sind, dann fragt eine Teammitglied nach und das andere schaut sich die Umgebung an, macht den Kaffee oder den Tee, holt die Isomatte aus dem Fahrzeug und reicht es dem Menschen, den wir angetroffen haben.
Sind wir zu dritt unterwegs, fragt einer von uns die Person, der andere bereitet die Sachen vor und der oder die andere schaut sich die Umgebung an, was in der Nacht gar nicht mal so unwichtig ist, denn wenn wir an Stellen arbeiten, die unübersichtlich sind oder an Orten helfen, die jetzt nicht so sehr freundlich sind – ist es sehr wichtig, auch auf unsere eigene Sicherheit zu achten und auch das hinterlässt nach so einer Tour Spuren, Spuren die sich mit dem was wir das draußen mit den Gefühlen und Gedanken vermischen, in uns festebrennen und wenn wir dann helfen und Geschichten von den Menschen erfahren, die an keinem von uns einfach mal so vorbei gehen, wir wieder ein paar Gramm Gedanken in unseren Gedankenrucksack stecken und all das dann mit nach Hause nehmen.
Heute, nach 8 Jahren UNSICHTBAR e.V. erinnere ich mich an Geschichten, von vor 8 Jahren, die sich in mir eingebrannt haben, die nicht vergessen werden wollen, die wohl immer da bleiben werden und sowie es jedem von uns der dieses Ehrenamt ausübt, definitiv etwas mit uns gemacht hat, dass man so mit Worten nicht beschreiben kann.
Es sind diese vielen Geschichten, die uns das Gefühl geben immer weiter und weiter zu machen, vielen weiteren Menschen helfen zu dürfen und noch mehr ihrer Geschichten, in uns einzusaugen, weil sie ein Teil von uns geworden sind und um all das verarbeiten zu können, um all das leben zu können und um all das verarbeiten zu können, fängt jede Tour die wir fahren entspannt an, führt uns in Ruhe durch die Städte und Wälder, in die wir fahren, streichelt unsere Reflexe und Reaktionen, die für uns da draußen auf der Straße extrem wichtig sind.
Denn schon bei dem nächsten Straßenmenschen, den wir antreffen, kann diese Ruhe innerhalb von wenigen Sekunden sehr schnell wieder vorbei sein.