Holger schreibt…
Obdachlosigkeit auf Privatgrund: Ein Lehrstück in Ironie und Absurdität
Manchmal gibt es Geschichten, die einen sprachlos machen. Heute wurde ich angerufen, und mir wurde was erzählt, dass so absurd ist, dass ich nicht weiß, ob ich lachen, weinen oder mir einfach nur an den Kopf fassen soll.
Stell dir vor: Vor einer Tür liegt ein kleines Bündel Habseligkeiten. Ein bisschen Kleidung, vielleicht eine Decke, sorgsam auf einem Stück Karton platziert. Und darauf steht in krakeliger Handschrift:
„Sachen eines Obdachlosen. Lag auf einem Privatgrundstück.“
Mehr braucht’s eigentlich nicht, die Botschaft ist klar.
Der Anruf – Ein Funken Menschlichkeit
Jemand hat angerufen. Besorgt. Ob ich helfen kann, herauszufinden, wem die Sachen gehören, denn es ist kalt. Kalt genug, dass es ohne Decke draußen ziemlich hart werden könnte. Die Stimme am anderen Ende klang ehrlich mitfühlend.
Und dafür: Danke. Danke an den Menschen, der sich die Mühe gemacht hat, zu handeln, anstatt einfach wegzusehen. Der nicht wollte, dass die wenigen Besitztümer eines Menschen einfach verschwinden. Das zeigt, dass es eben doch noch ein bisschen Menschlichkeit gibt, wenn man sucht.
Der Grundstückseigentümer – Danke fürs Nicht-Wegwerfen
Natürlich geht auch ein besonderer Dank an den Eigentümer des Privatgrundstücks. Schließlich hat er die Sachen nicht einfach in den Müll geworfen. Nein, er hat sie „freundlicherweise“ nach draußen gestellt, schön mit dem Hinweis versehen, dass sie dort unerwünscht sind. Damit auch jeder weiß: Hier ist kein Platz für Armut. Immerhin hat er das Problem nicht direkt entsorgt, sondern elegant abgeschoben.
Privatgrundstücke – Sperrzone für Empathie.
Ein kleiner Tipp für alle wohnungslosen Menschen da draußen: Bitte, legt euch nicht auf Privatgrundstücke. Es gibt ja noch so viele andere Optionen: öffentliche Plätze, Parks… ach nein, Moment, die sind ja auch tabu. Vielleicht irgendwo zwischen den Bäumen? Aber bloß nicht zu nahe an den Vorgärten, sonst gibt’s Ärger.
Vielleicht wäre es an der Zeit, neue Schilder drucken zu lassen:
„Privatgrundstück – Schlafen von Obdachlosen verboten.“
Direkt neben den Schildern „Hier kein Hundeklo“ und „Einfahrt freihalten“. Damit man auch wirklich keine Missverständnisse riskiert und alle wissen, wo die Grenzen der Nächstenliebe verlaufen.
Weihnachten – Das Fest der Liebe (aber nicht für alle)
Ich weiß ja, es ist Weihnachtszeit. Die Hochsaison für Nächstenliebe. Aber das heißt nicht, dass man sich auf den eigenen Grundstücken von echter Armut belästigen lassen muss, oder? Dass ich kurz dachte, es gäbe ein bisschen mehr Mitgefühl in der Welt – wie dumm von mir.
Der Karton – Das bittere Sahnehäubchen
Und dann dieser Karton. „Sachen eines Obdachlosen.“ So sachlich, so nüchtern, dass es fast schmerzt. Mehr muss man dazu nicht sagen.
Es wird kalt. Sehr kalt. Aber die kälteste Kälte kommt nicht von draußen.
Die Szene und Bilder sind nachgestellt, dem Original aber sehr nah. Das echte Bild dürfen wir aus Rücksicht nicht verwenden.