Heiligabend

Es ist Heiligabend, die Straßen sind wie leergefegt und der ein oder andere Mensch verirrt sich noch an eine Tankstelle, um noch etwas vergessene Butter zu kaufen, die für die Sauce am Abend wichtig ist.
Ich betrete irgendwann das Krankenhaus, sehe Menschen um mich herum, die an diesem Tag keinen Heiligabend feiern – nein den feiern sie nicht, weil sie an einem Ort sind, an dem eben nicht jedem zum feiern zu Mute ist.
Die Cafés sind geschlossen, der Mensch an der Information, der sonst sehr freundlich ist, sieht so aus, als würde in seinem Blick geschrieben stehen, warum er heute Dienst hat, warum nicht jemand anderes – ich gehe an ihm vorbei und wünsche ihm ein schönes Weihnachtsfest – er bedankt sich.
Dann gehe ich weiter, diesen scheinbar endlosen Flur entlang, vorbei an allem möglichen was es so an Chirurgien bis hin zur inneren Krankheiten gibt, mir begegnen Menschen – mein Gott was ist denen nur passiert, frage ich mich, senke den Kopf und gehe weiter.
Im Aufzug treffe ich einen Mann, ich wünsche ihm frohe Weihnachten und er schaut mich an und sagt: Ich wünsche mir, die nächsten Weihnachten noch zu überleben – Lungenkrebs und das was sich an der Luftröhre gestreut hätte, würden das wohl nicht zulassen aber trotzdem danke. Die Aufzugstür geht auf, er geht raus – dreht sich um und entschuldigt sich. Ich sage – alles gut, ich drücke ihnen die Daumen.
Was soll man da sagen, frage ich mich – was hätte ich anderes antworten können. Meine Schultern zucken zusammen.
Dann treffe ich irgendwann bei Mutter ein, heute geht es ihr nicht gut. Es ist wie eine Bergfahrt. Mal geht’s aufwärts und dann wieder abwärts. Ich muss zugeben, dass mich das sehr mit nimmt, mich traurig und nachdenklich macht, mir viel Kraft raubt und mich immer und immer wieder so verdammt traurig macht.
Dann müssen die Schwestern etwas machen, was dauern wird und ich nehme Mutti in den Arm, drücke sie ganz sanft und verabschiede mich.
Im Anschluss fahre ich zu einem Freund.
Einer Person der wir von UNSICHTBAR e.V. schon sehr oft geholfen haben, jemand dem ich mittlerweile Freund nennen darf, kann und auch gerne so nennen möchte.
Er hat sich gewünscht nicht alleine zu sein, ich habe ihm den Wunsch erfüllt – er war nicht alleine und nach einer Kleinigkeit zu essen und einer voran gegangener Zeit, verabschiedete ich mich auch hier und traf Rüdiger im Lager, um das Auto zu packen und auf Tour zu fahren.
Heiligabend unterwegs um nachzudenken, zu weinen, zu grübeln, um Freundschaften zu pflegen, um zu helfen – so kann ein Weihnachtsfest auch aussehen.
Auf Tour trafen wir in #Wuppertal viele liebe Menschen, die sich über uns freuten, dass sie nicht vergessen wurden und eigentlich wollten wir noch nach #Hagen aber weil wir auf einige Menschen trafen, die dann doch mehr brauchten als gedacht, mussten wir nochmal kurz ins Lager zurück um aufzuladen.
Das kommt auch nicht so oft vor.
Und dann fuhren auch wir nach Hause, ich setzte Rüdiger am Lager raus und sitze nun hier, schreibe den Bericht, gehe in Gedanken die verschiedenen Stationen meines Tages nochmal durch und wünsche denen die niemanden haben, vielleicht in ihren Träumen nicht alleine zu sein, ich wünsche denen die Krank sind und am Ende des Tunnels kein Licht mehr sehen, die Hoffnung nicht zu verlieren und ich wünsche all denen die alleine sind und denen die auf der Straße sind – schließt eure Augen nicht zu schnell und verliert den Glauben nach dem Sinn des Lebens nicht zu schnell – ganz bestimmt begegnet ihr irgendwann einmal jemanden der euch an die Hand nimmt und mit euch ein Stück eures Weges geht – ganz bestimmt irgendwann und wenn dann nicht im nächsten Jahr – dann sind eben wir für euch da – wir von UNSICHTBAR.
Ich bin müde, ich bin sogar sehr müde und ich werde jetzt mal ein paar Stunden schlafen und dann wieder dort sein, wo die Freude ausgezogen ist und die Hoffnung an einem seidenen Faden hängt, dort hin – wo jeden Tag der Tod näher ist, als das Leben seine Lieder pfeift und durch die Gänge hüpft.
Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und denkt dran #yana58
You are not allone !